Medizinisches Cannabis: Anwendung, Rezepte & Wirkung – Blog

Inhaltsverzeichnis

Was ist medizinisches Cannabis?

Unter medizinischem Cannabis versteht man Hanfpflanzen oder daraus gewonnene Wirkstoffe, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden. Im Unterschied zum Freizeit­konsum stehen medizinische PrĂ€parate unter staatlicher Kontrolle und werden von Ärzten auf Rezept verordnet. Die Wirkung entfaltet sich ĂŒber das körpereigene Endocannabinoid‑System: körpereigene Botenstoffe binden an CB1-Rezeptoren im Gehirn und an CB2-Rezeptoren im Immunsystem und regulieren so Appetit, Schmerzempfinden, Stimmung und viele weitere Funktionen【962254054134983†L222-L240】. Phytocannabinoide wie THC und CBD greifen in dieses System ein.

  • THC (Tetrahydrocannabinol) bindet ĂŒberwiegend an CB1-Rezeptoren. Es sorgt fĂŒr die bekannten psychoaktiven Effekte wie Euphorie, verĂ€nderte Sinneswahrnehmung, MĂŒdigkeit und gesteigerten Appetit【962254054134983†L292-L306】. Nebenwirkungen können MĂŒdigkeit, GedĂ€chtnisstörungen oder Herzrasen sein.
  • CBD (Cannabidiol) hat keine berauschende Wirkung. Es interagiert vor allem mit CB2-Rezeptoren, wirkt entzĂŒndungshemmend und anxiolytisch und kommt u. a. bei Epilepsie zum Einsatz【962254054134983†L320-L329】【909397314090425†L131-L142】.
  • Indica‑ und Sativa‑Sorten unterscheiden sich sowohl in ihrem Wuchs als auch im VerhĂ€ltnis von THC zu CBD: Indica‑Pflanzen enthalten meist mehr CBD und bewirken einen eher körperlich entspannenden „stoned“‑Effekt. Sativa‑Sorten wachsen höher, liefern mehr THC und wirken geistig anregend und euphorisierend【163713949836762†L305-L345】. Moderne Hybride kombinieren beide Eigenschaften.

VerschreibungsfÀhige Cannabisprodukte

Seit 2017 dĂŒrfen Ärzte in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken verschreiben. Mit dem neuen Cannabisgesetz (CanG) wurde die Pflanze zum 1. April 2024 aus dem BetĂ€ubungsmittelgesetz gestrichen; medizinische Anwendungen sind aber weiterhin ĂŒber das Medizinal‑Cannabisgesetz (MedCanG) geregelt【851531893367025†L935-L949】. Ärztinnen und Ärzte stellen nun ein normales Rezept aus – das spezielle BetĂ€ubungsmittelrezept ist nicht mehr erforderlich【775383078320565†L1588-L1599】. VerschreibungsfĂ€hig sind verschiedene Zubereitungen:

  • CannabisblĂŒten – getrocknete BlĂŒten mit definiertem THC‑/ CBD‑Gehalt, meist zur Inhalation mit einem Verdampfer.
  • Dronabinol – synthetisches THC in Öl‑ oder Kapselform; eingesetzt bei Übelkeit, Appetitlosigkeit und Schmerzen.
  • Nabiximols (SativexÂź) – Mundspray mit einem VerhĂ€ltnis von THC zu CBD; zugelassen zur Behandlung von Spastiken bei Multipler Sklerose.
  • Cannabisextrakte und Öle – standardisierte Extrakte mit unterschiedlichen THC‑/ CBD‑VerhĂ€ltnissen; ermöglichen eine individuelle Dosierung.

FĂŒr welche Krankheiten ist Cannabis gut?

Die Wirksamkeit von Cannabis ist je nach Erkrankung unterschiedlich gut belegt. Die Verordnung erfolgt in der Regel dann, wenn Standardtherapien nicht ausreichend wirken oder starke Nebenwirkungen verursachen. HĂ€ufig genannte Anwendungsgebiete sind:

  • Chronische Schmerzen – etwa bei neuropathischen Schmerzen, Fibromyalgie oder rheumatischen Erkrankungen.
  • Spastik bei Multipler Sklerose – Nabiximols kann MuskelkrĂ€mpfe lindern.
  • Appetitlosigkeit und Übelkeit – z. B. wĂ€hrend einer Chemotherapie oder bei HIV/Aids.
  • Tourette‑Syndrom und ADHS – in EinzelfĂ€llen können Symptome wie Tics reduziert werden.
  • Epilepsie – insbesondere CBD‑haltige PrĂ€parate werden bei bestimmten schwer behandelbaren Epilepsieformen eingesetzt【962254054134983†L320-L329】.
  • Palliative Medizin – Linderung bei schweren, unheilbaren Erkrankungen.

Auch wenn viele Patientinnen und Patienten profitieren, ist die Datenlage noch begrenzt. Die Therapie sollte stets durch einen erfahrenen Arzt begleitet werden.

Rechtliche Lage & Rezept in Deutschland

Die gesetzliche Situation hat sich 2024 grundlegend geĂ€ndert. Das Cannabisgesetz erlaubt Erwachsenen den Besitz von bis zu 25 g getrocknetem Cannabis in der Öffentlichkeit und 50 g zu Hause; außerdem dĂŒrfen bis zu drei weibliche Pflanzen privat angebaut werden【846633402990903†L169-L181】. FĂŒr den Freizeitkonsum können sich Erwachsene ab dem 1. Juli 2024 in sog. Anbauvereinigungen zusammenschließen. Diese Clubs dĂŒrfen pro Mitglied maximal 50 g Cannabis pro Monat abgeben; der Konsum vor Ort ist verboten und strenge Abstandsregeln zu Schulen und KindergĂ€rten gelten【846633402990903†L189-L198】.

  • Medizinisches Cannabis bleibt durch das MedCanG geregelt: Die Bundesopiumstelle beim BfArM erteilt Genehmigungen fĂŒr Anbau und Import【851531893367025†L935-L949】. Ärztinnen und Ärzte verschreiben Cannabis auf einem normalen Kassen- oder Privatrezept【775383078320565†L1588-L1599】.
  • KostenĂŒbernahme – Gesetzliche Krankenkassen können die Kosten ĂŒbernehmen, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt und andere Therapien ausgeschöpft sind. Der Antrag muss vor der ersten Verordnung genehmigt werden.
  • Freizeitkonsum – Die Regeln fĂŒr Clubs gelten nicht fĂŒr medizinische Patientinnen und Patienten. Dennoch dĂŒrfen diese die allgemeinen Besitz‑ und Anbaumengen nicht ĂŒberschreiten.

BlĂŒten, Extrakte & Öle

Die Wahl der Darreichungsform beeinflusst Wirkungseintritt, Dosierung und Nebenwirkungsprofil:

  • BlĂŒten zum Inhalieren – Der Einsatz eines Vaporizers verhindert Verbrennungsprodukte und sorgt fĂŒr einen schnellen Wirkeintritt. Verschiedene Sorten mit unterschiedlichen THC‑/ CBD‑Gehalten stehen zur VerfĂŒgung.
  • Öl und Extrakt – Tropfen unter die Zunge oder Kapseln eignen sich zur chronischen Einnahme. Die Wirkung setzt langsamer ein, hĂ€lt aber lĂ€nger an.
  • Esswaren (Edibles) – Hier wird Cannabis in Lebensmitteln verarbeitet. Die Wirkung tritt erst nach 30–90 Minuten ein und hĂ€lt mehrere Stunden an.
  • Rauchen – das Verbrennen der BlĂŒten setzt Schadstoffe wie Teer frei und sollte vermieden werden.

Nebenwirkungen & Risiken

Wie jedes Arzneimittel kann auch Cannabis unerwĂŒnschte Wirkungen verursachen. Die Risiken sind abhĂ€ngig von der Dosierung, vom VerhĂ€ltnis von THC zu CBD und von der individuellen Empfindlichkeit.

  • Kurzfristige Effekte – MĂŒdigkeit, Schwindel, BeeintrĂ€chtigung von Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen, trockener Mund, gerötete Augen, erhöhter Puls und gesteigerter Appetit【962254054134983†L292-L306】.
  • Psychische Effekte – Angst, Unruhe oder paranoide Gedanken können auftreten, insbesondere bei hohen THC‑Dosen.
  • Langfristige Risiken – Bei regelmĂ€ĂŸigem Konsum kann sich eine psychische AbhĂ€ngigkeit entwickeln. Besonders Jugendliche und Schwangere sollten auf den Konsum verzichten, da Gehirn und Fötus empfindlich reagieren.
  • Interaktionen – Cannabis kann die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen (z. B. BlutverdĂŒnner). Eine Ă€rztliche Beratung ist daher unerlĂ€sslich.
  • Keine Teilnahme am Straßenverkehr – Unter dem Einfluss von THC ist das FĂŒhren von Fahrzeugen verboten; der Abbau kann bis zu mehreren Tagen dauern.

FAQ aus der Community

Welche Organe schÀdigt Cannabis?

Die Hauptgefahr geht vom Rauch aus: Verbrennungsprodukte können Lunge und Atemwege belasten. Zudem steigert THC die Herzfrequenz; bei bestehenden Herz‑Kreislauf‑Erkrankungen ist Vorsicht geboten. Chronischer starker Konsum kann sich negativ auf Leber und Gehirn auswirken. Beim medizinischen Gebrauch ĂŒber Vaporizer oder Öl sind diese Risiken geringer.

Warum sollte man Cannabis nicht rauchen?

Beim Rauchen entstehen Teer, Kohlenmonoxid und andere Schadstoffe. Diese reizen die Atemwege und erhöhen das Risiko fĂŒr Bronchitis. Der Einsatz eines Verdampfers oder die Einnahme von Extrakten ist daher deutlich schonender.

Warum ist Cannabis so gesund?

Cannabis wirkt vor allem symptomlindernd: Es kann Schmerzen, Spastik und Übelkeit reduzieren und die LebensqualitĂ€t erhöhen. Eine „gesunde“ Wunderpflanze ist es jedoch nicht – Risiken und Nutzen mĂŒssen gegeneinander abgewogen werden.

Welche Arten von Cannabis gibt es?

GrundsĂ€tzlich unterscheidet man zwischen Indica, Sativa und Hybriden. Indica‑Sorten bleiben klein, haben breite BlĂ€tter und enthalten oft mehr CBD, was zu einem beruhigenden KörpergefĂŒhl fĂŒhrt. Sativa‑Pflanzen werden sehr hoch, besitzen schmale BlĂ€tter und enthalten meist mehr THC – der Effekt ist geistig anregend und „high“【163713949836762†L305-L345】. Hybride kombinieren Merkmale beider Unterarten.

Was ist besser, Indica oder Sativa?

Das hĂ€ngt von deinem Ziel ab: Wer Entspannung und Schmerzlinderung sucht, greift eher zu Indica‑Sorten oder CBD‑reichen Hybriden. FĂŒr kreative Projekte oder TagesaktivitĂ€ten eignen sich Sativa‑Sorten mit höherem THC‑Anteil. Die persönliche VertrĂ€glichkeit sollte immer getestet werden.

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine medizinische Beratung. Sprich mit deinem Cannabis‑Arzt ĂŒber Therapieoptionen und Dosierung. Weitere Informationen findest du auch in unserem Beitrag zu Cannabis‑Rezepten und der Auswahl einer geeigneten Cannabis‑Apotheke.